ausgabe #83. editorial. evelyn schalk
editorial
ein risse
seinen gegenüber ansehen
mit der unbekannten sprechen
schmerz fühlen, der dem anderen wehtut
tränen mit der fremden weinen
sich sorgen um den unvertrauten machen
dir in die augen sehen
meinen blick öffnen
für die da sein, die weit weg ist
mit dem leiden, den du nicht kennst
die nicht vergessen, die gegangen wurde
für den eintreten, der sich nicht wehren kann
den der anders aussieht, in die arme nehmen
dich beschützen, die ich nicht kenne
mit euch in einer reihe stehen, die wir zum ersten mal sehen
wach liegen mit denen, die keinen schlaf finden
jenen ein dach bauen, deren eigenes in trümmern liegt
das haus aufmachen für die, die nicht mal zimmer haben
fingerspitzen über den tisch berühren von einem,
der gestern noch nicht da war
die stimme erheben für all jene, die alle verschweigen
die abschottung nicht zulassen vor denen, die offenheit bitter benötigen
sich schützend vor jene stellen, der niemand sicherheit gibt
und stehen bleiben, wenn der eigene panzer risse bekommt
damit er risse bekommt
endlich.
Evelyn Schalk