ausgabe #78. prosa. lisa bakschierig
weil ihr es leid seid.
nächtliches klein.manifest.
Weil ihr es leid seid. mit denen am tisch zu sitzen, die sich von frauensolidarität immer distanziert haben. und die nun an den zugewiesenen plätzen sitzen, vielfach gesichert darüber, sich mit ihrer weiblichkeit über männliche macht ins spiel und an den tisch gebracht zu haben. und sich mit euch. in den hinteren reihen, für die manchmal was abfällt. jetzt als frauen, hausfrauen und mütter fürs foto doch solidarisieren wollen. und wie lächerlich es euch erscheint. und wie sehr als spiel es sich zu erkennen gibt. und weil ihr es satt habt, von den kolleginnen zu den abendterminen alleine geschickt zu werden. weil ihr nie darüber jammert, wie schrecklich eure schwiegermütter seien und weil ihr es fertig bringt, der euren eure armen kinder zu überantworten. und weil das alles immer noch eine rolle spielt. weil ihr es leid seid, euch gedanken darüber zu machen, welche rocklänge zu welchem anlass angebracht grade noch ist. weil ihr die roten hochhackigen treter zu den demos, zu denen ihr schon lange nicht mehr geht, auch nicht mehr anziehen wollt. weil ihr es leid seid, an den feiertagen zu arbeiten, weil die mit den kleinen kindern das familie spielen und dafür frei haben als ihr vorrecht sehen. weil ihr es satt habt, euch in gruppen über die genderverteilte ausgeglichenheit den kopf zu zerbrechen. weil ihr es satt habt, für die familienthemen sofort für zuständig gehalten zu werden, diejenige kompetenz für die „politischeren“ aber immer erst mit belegen begründen müsst. weil es euch zum hals heraushängt & ihr keine glückwünsche zum tag der frau mehr entgegennehmen wollt. weil ihr es leid seid, den grad der unfreundlichkeit nach dem zu verhandelnden thema zu berechnen, weil man ja doch immer ein wenig konziliant bleiben muss. nicht wahr, so als frau. weil euch die langeweile der aufgaben anödet, die ihr auch immer noch miterledigt. während sich euer männlicher kollege schon drei mal beschwert hätte. und euer lächeln leid seid, mit dem ihr den zusätzlichen auftrag (ich weiß, sie schaffen das frau kollegin, auch in der kürze der zeit) quittiert. und auch damit in stellung bringt, gegen die anderen drei kolleginnen. die es schon abgelehnt haben. weil ihr es leid seid, für eine freundliche behandlung bei der frauenärztin bezahlen zu müssen. weil ihr es leid seid, klassen-und geschlechterthemen immer sorgfältig trennen zu müssen. weil ihr es leid seid, sie zusammen zu denken. weil alles schon viel zu lange dauert. und weil es keine hoffnung auf besserung gibt. und weil ihr das leid seid. euch über kopftuchfragen denselbigen zerbrechen zu sollen. weil ihr noch nie den mut hattet, im september die arbeit nieder zu legen. weil ihr es leid seid, das auch noch erklären zu müssen. weil ihr den mut noch nie zwischen den beinen verstecken wolltet. weil ihr es leid seid, euch von denen, die immer schon lieber zu hause sylvester gefeiert haben und überhaupt zu ausgelassenes feiern ohnehin für anzüglich halten. und immer schon die nase rümpfen, wenn frauen nach zehn abends noch alleine draußen sind. es sei denn, sie kämen von der arbeit. es leid seid, von ihnen euch sagen zu lassen, wie schrecklich das jetzt sei, dass man nun nachts draußen nicht mehr sicher sei. weil ihr es satt habt. mit ihnen euch, wegen der sache. solidarisch zeigen zu sollen. weil ihr es leid seid. weil es euch zum halse heraushängt. weil ihr es leid seid. weil ihr euch die lust am leben auch von denen nicht nehmen lasst. basta. und weil auch der kampf noch lang nicht zu ende ist. ya basta!
im auftrag der agentur.f.e.n.b.
(für eh nix besonderes)