ausgabe #84. lyrik. Tiphan
hinweisschild
Schau dich um
Sie rühren um
Schau den Stab
Sie lenken ab
In diesem Land herrscht purer Neid. Ich sage es bewusst: herrscht
Nicht der Neid der 70er. Nicht der Neid der 80er. Nicht der Neid der 90er oder 2000er-Jahre.
Es ist ein von früher bestimmter Neid. Mit neuen Facetten belegt, neuen Reden untermauert, neuen modernen, sich schnell selbst legalisierenden Phrasen verknüpfender, von Mensch zu Mensch sich übertragender, viral gehender, vernetzter, hetzender Neid.
In diesem Land ist stiller Krieg
Ein Krieg, den viele Länder in Europa mit sich selber führen. Doch es scheint, als würden ihn nur die Opfer erkennen. Die Täter, die Anstachler, die deklarieren die Zustände als kosmopolitisch bürgerliche, (welt)wirtschaftliche Konkurrenz und Marktfähigkeit, welche eine zentralistische Führung notwendig habe, um nicht einer losgelösten kollektiven Marotte zu verfallen. Parlament ade?
Nicht alle können, wollen, sollen gerettet werden vor der Schmach menschlicher Abgründe.
Sie, die Täter, die nie jemandem etwas zu leide taten, sind die, die Platz und Ordnung schaffen wollen. Fast jedes Mittelchen ist ihnen recht. In diesem Land stehen keine Kürzungen vor den Toren; Sie sind bereits da und kommen nicht von außen.
In diesem Land schlägt man in Kerben, die längst geschlagen, von denen man glaubte, sie wären überwunden. Sie dürfen, scheint‘s, nicht zu Narben werden, die halbwegs gut verheilen.
Darum
Achtung! Frau an der Kassa
Achtung! Mann im sozialen Bereich
Achtung! Kind in der Schule
Achtung! Oma und Opa in der Pension (?)
Achtung, an alle. die sich Achtung wünschen und auch Andere(s) achten können und wollen.
Schau dich um
Sie rühren um
Schau den Stab
Sie lenken ab
Tiphan