ausgabe #89. lyrik. harald kappel
ein fremdes im alltag
es war nicht still
nein
nie würde es still
und trotzdem
in meinem Kopf
war es still
im dürftigen Mietshaus
schon tausendmal
obwohl
nicht wenige Türen
morsch
nicht wenige Tische
schwachsinnig waren
hier wohnten Übriggebliebene
um sich auszuruhen
vom Übrigsein
der Regen kickte im Rinnstein
die Gesetze
eine flüchtige Sommerüberraschung
ein Dahin ohne Zukunft
im unmoralischen Morast
wusch ich mich
aus Gewohnheit
rief ich etwas
laut
aus Gewohnheit
weinte ich
leise
mein Protest
ein nasses Bett
Uringeruch
unsichtbare Gedichte
eine strauchelnde Erregtheit
legte sich auf jenen Sommer
zu kurz gesagt
nein
es war nicht still
zu kurz gedacht
es ist nicht still
es wird nie mehr still
in mir
Harald Kappel