ausgabe #75. lyrik. andreas lenzmann
ARKADAS
Die Schwärze der Wahrheit machte der Drossel Spott ein Ende.
Abertausende Himmelsgeschenke Erdogans starren auf Zellenwände.
Dschugaschwillkürakte treiben Tränen auf Kemals steinernes Antlitz,
dem gewichen einem blutbesudelten paranoidosmanischen Wahnwitz.
Der Hagia Sofia droht der Hajib, auch die Sonne wird verschleiert,
am Bosporus wird künftig nicht mehr säkular herum geeiert.
dort dräut nicht die Scharia, das Gesetz folgt Receps Rezeptur:
der Islam nicht Säule, bloß Knute der Diktatur.
Graue Wölfe zerheulten die Nacht auf der Suche nach Beute,
sie fanden nur unschuldig blauäugigglaubende junge Leute,
die sich übend Wähnenden wurden mit bloßen Händen zerrissen
von der als lynchenden Mob getarnten Mördermeute blutbeflissen.
Die Eulen gefangen in Atatürks Reich gestutzt der Feder Schwung,
Aletheia verfiel der Agonie, die freie Lehre bloßer Erinnerung.
die Unwissenheit als des Gehorsams blutige Blüte krönt,
die Leere der Macht, welche jeglichen Kindes Stimme verpönt.
Des Sultans Kleider sind nicht neu, sie zieren als alte Totalität,
dem blinden Partner sichtbar, das ist deren neue Qualität.
An Tayyips Taten, nicht am Wesen möge die Türkei genesen,
wohltätig wird künftig nur noch von den guten gelesen,
weil man doch die Bevölkerung nicht Tag für Tag
mit der grauenvollen Wahrheit belästigen mag.
Es reicht das eigene selbst begangene Verbrechen.
Besser ist man lässt nicht mehr darüber sprechen.
Noch bevor man von schrumpfenden Hoden gesprochen,
wurde in Redaktionen ein - und die Pressefreiheit gebrochen.
Nun werden alle der Lüge unbotmäßigen Boten geschasst,
denn jeglicher Spiegel ist dem Despoten verhasst.
Nun sitzt am Bosporus wieder ein kranker Mann,
einer, der von sich nicht genug bekommen kann.
Es trat an die Stelle der politischen Ideologie
erdogansinnigsoziopathische Demagogie.
Und jemand der nur nonstop nonsensfähig wollte sprechen,
heraus kam lediglich honigbekopfttriefendes Radebrechen:
„Herr Erdogan, Deutschland ist nicht Kurdistan, [an jenem Orte
tu und lass was du willst,]“ für Tayyips Ohren wohle Worte.
Davor waren in Istanbul die Straßen bereits mit gereizten Tränen genetzt,
die Massen mit Knüppeln und Gummigeschossen gehetzt, verletzt
der Gezi – Park, freier Meinung frühestes Fanal, erstes Signal:
das Volk sei seines Willens, nur fatal dies ist nun dessen einzige Wahl.
Andreas Lenzmann