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ausgabe #53. prosa. markus messerschmidt

goldmund und das leben


Es ist doch verflixt, man möchte sich selbst als Goldmund sehen und als solcher handeln. Doch inwiefern es gelingt, diese Rolle auszufüllen, steht auf einem anderen Papier geschrieben.

Wer ist dieser Goldmund und wie würde ein solcher (wenn man so will) im großen „Theater“ des Lebens handeln? Die Figur des Goldmunds stammt aus dem Buch „Narziß und Goldmund“ von Hermann Hesse. Sie entdeckt durch seinen Freund Narziß geleitet, sein wahres Ich. Ab diesem Moment beschließt Goldmund seine gewohnte Umgebung, sein bis dato gekanntes Ich, zurück zu lassen und auf Wanderschaft zu gehen, um sich zu erfahren und zu entdecken. Er zieht durch die Wälder, ernährt sich von Beeren und lebt immerfort Jahr um Jahr in den Tag hinein. Die Leichtigkeit des Seins wohnt ihm inne. Er trinkt, tanzt, lacht, verführt und entdeckt in sich den Künstler.

Ich hatte beschlossen, mir vieles was Goldmunds Charakter auszeichnet, zu Herzen zu nehmen. Nämlich eine Rolle auszufüllen, die mich fasziniert und dabei helfen soll, mehr über mich zu erfahren – mich zu Erfahren – und dabei die Leichtigkeit des Seins zu (Er)leben. Dies war kein leichtes Unterfangen, wie sich herausstellte, denn es war der Versuch im Hier und Jetzt zu leben, zu denken und zu handeln, indem man seinen inneren Regungen nachgeht und sie gewähren lässt – ein ehrlicher Versuch sich selbst aus vollstem Herzen erleben zu wollen. Wobei nur das eigene moralische Empfinden die Grenzen des Handelns festlegt! Jedoch ist das Erleben des eigenen Ichs nicht unabhängig von sozialen Strukturen aus geschriebenen und (vor allem) ungeschriebenen Regeln, wie sie im eigenen Freundeskreis, mit dem Partner und in der Gesellschaft gestaltet sind bzw. werden.

Mein Dilemma dabei war nun, dass das Streben, Leben und vor allem Erleben (meiner Rolle) oftmals nur in diesen vorgegebenen sozialen Strukturen gestaltet werden konnte. Dabei war die Komplizenschaft anderer beim Erleben des eigenen Ich eine Notwendigkeit. Zwei Beispiele um dies zu verdeutlichen: Der Leser ist auf den Buchautor angewiesen, dessen Buch er lesen kann und umgekehrt, der Buchautor ist auf seine Leserschaft angewiesen. Weiters benötigt der Buchautor einen Verleger, jemand der sein Buch druckt, Papier erzeugt,… Oder: Der Liebende liebt nur schlecht allein und ist gebunden an „Regeln“ und Bedürfnisse des anderen.

Folglich muss sich ein Mensch, der nach Freiheit strebt, sich in der Leichtigkeit des Seins erleben möchte bzw. sich Erleben möchte eingestehen, dass er sich meist nur auf jenen Bahnen bewegen kann, die sein Umfeld vorgibt und bereit ist mitzugestalten.

Markus Messerschmidt

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