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ausgabe #78. interview. astrid wlach

interview mit judith schwentner


Ich erreiche Judith Schwentner, Nationalratsabgeordnete der Grünen und maßgebliche Unterstützerin der Frauen-EM in Graz auf ihrem Weg zur Biennale in Venedig.


Astrid Wlach: Die Erfolge der Fußballerinnen bei der Frauen EM haben viele Menschen überrascht. In welche Bereiche kann deiner Meinung nach der Schwung und die Euphorie mitgenommen werden?
Judith Schwentner: Der Schwung und die Euphorie der Frauen EM kann mitgenommen werden, um die strukturellen Benachteiligungen von Frauensport im Allgemeinen sichtbar zu machen. Die Bewertung von Frauensport in der öffentlichen Aufmerksamkeit und die finanzielle Förderung sind nur zwei Aspekte davon.

Was meinst du mit struktureller Benachteiligung genau?
Nehmen wir den Fußballsport als Beispiel: In den letzten Jahren zeigte sich sehr die Geringschätzung des Frauenfußballs gegenüber dem der Männer. Das beginnt bei den Mädchen, die weniger unterstützt werden bis hin zum Jugendkader und zum Profi-Frauenfußball. Es gibt weniger Förderungen und damit auch weniger Möglichkeiten für Frauen, in diesen Bereichen Fuß zu fassen. Insgesamt ist das, was im Fußball passiert ein Symptom für unser Gesellschaftsbild; für eine Gesellschaft, in der Frauen nicht mit denselben strukturellen Möglichkeiten ausgestattet sind wie Männer.

Hast du konkrete Beispiele?
Na, das Erkennen von Talenten zum Beispiel, dann die Förderung von Talenten, Förderung von sportlicher Ausbildung bis hin zum Vereinswesen. Auch in den Köpfen der Menschen sind stereotype Bilder noch vorherrschend. Das zeigt sich besonders im Bildungsbereich, der noch sehr von Stereotypen überlagert ist.

Apropos Stereotype: Manch ein Sportverein findet nichts dabei, Sponsoring mit diskriminierenden Plakaten zu betreiben…
Das Sichtbarmachen der Kompetenz von Frauen erzeugt andere Bilder in der Wahrnehmung der Menschen als Männermannschaften oder Frauen als Pin-Up Sujets. Der Erfolg einer starken Frauschaft trägt somit auch zu einem anderen Bild bei und die Hoffnung ist die, dass stereotype Sujets wie eben Frauen in herabwürdigenden Posen als Werbeträgerinnen in Zukunft nicht mehr möglich sind.

Eine letzte Frage: Spielst du Fußball?
[lacht] Nein, nur gelegentlich. Dann aber zeige ich vollen Einsatz beim Laufen!

Vielen Dank, Judith und noch einen schönen Aufenthalt in Venedig!


Astrid Wlach

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