ausgabe #17. kolumne. gerald kuhn
der kurzreißer: stadt – zentrum – veränderung
Stadtbevölkerung nimmt weltweit zu
Nach letzten meldungen nimmt der anteil der stadtbevölkerung weltweit kontinuierlich zu. Bereits 1996 schätzte der bevölkerungswissenschaftler herwig birg [siehe herwig birg, die weltbevölkerung: dynamik und gefahren, münchen, beck, 1996.], dass die stadteinwohnerInnenzahl - vor allem auf den kontinenten asien, afrika und südamerika - in den folgenden jahrzehnten ansteigen wird.
Hausbesetzung in graz
Zwischen freitag, dem 6. und montag, dem 9. juli besetzten an die 80 leute die ehemalige st. andrä-schule in der grendadiergasse 2 [genaueres siehe bericht „das ist unser haus… autonomes kulturzentrum…“]. Am abend des 9. juli wurde diese aktion mit einem großaufgebot von etwa 100 (!) polizistInnen beendet. Die hausbesetzerInnen wollten einerseits eine kultur-, kunst- und wohnidee verwirklichen, andererseits auf die überteuerte wohnsituation hinweisen.
Amsterdam
Amsterdam gilt schon über jahrhunderte hinweg als eine gesellschaftspolitisch äußerst fortschrittliche stadt. Was drogen, (homo)sexualität, oder auch das nebeneinander von menschen aus unterschiedlichsten ländern anbelangt, tolerieren amsterdamerInnen mehr als so manch andere bewohnerInnen in vergleichbar großen städten. Verdanken kann sie dies vor allem einer sehr jungen und bunten bevölkerungsstruktur und ähnliche urbanen gebieten, die nicht weit von der stadtgrenze entfernt zu finden sind. Beim näheren hinsehen gibt es logischerweise auch in der stadt an der amstel ausreichend probleme. In migrationsfragen entpuppen sich dann viele menschen als doch nicht so liberal sattelfest. Dennoch wird das nebeneinander auf öffentlicher seite – im gegensatz zu österreich – höher gehalten. Brauchbare antidiskriminierungsgesetze werden auf verschiedenen ebenen erlassen. Zumindest offiziell ist mann/frau in den niederlanden stolz auf die liberalität und nicht auf berge, die es dort sowieso nicht gibt. Anderswo in mitteleuropa ist die bevölkerung nach marketing-umfragen auf ihre seen und berge stolz.
Christopher street day
In den letzten wochen fanden bzw. finden weltweit christopher street day paraden – so auch am 30. juni in wien – statt. Diese paraden sollen u.a. an den „aufstand“ vom 28. juni 1969 vor dem stonewall inn in der christopher street in new york erinnern. An die 200 lesben, schwule und transgender versammelten sich vor dem lokal in der besagten strasse und leisteten gegen eine polizeirazzia widerstand. Mit den paraden soll aber auch auf politische themen und forderung (rechtliche gleichstellung, ehe…) hingewiesen werden. Stärker im vordergrund der umzüge stehen jedoch spass und selbstdarstellung.
Kleinkarriert
Hauptstädte sind generell eher ein zentrum der vielfalt – aber das ist kein muss. Das hängt von den strömungen in einer gesellschaft ab, die in einem land vorzufinden sind. in graz z.b. muss mann/frau sehr genau schauen, dass er/sie alternative bewegungen, autonome politische gruppen vorfindet. Mit der bewohnerInnenanzahl hat das jedoch nur bedingt zu tun. Amsterdam hat im gegensatz zu wien nur an die 750.000 einwohnerInnen. Gesellschaftlicher aufbruch scheint in österreich eher ein fremdwort, denn die regel zu sein. Der grazer kulturbereich ist mit seinen gesellschaftskritischen einrichtungen, wie dem steirischen herbst, in den 60er und 70er jahre des letzten jahrhunderts stecken geblieben. Politisch weht ein kleinbürgerlicher wind. Der derzeitige bürgermeister fällt mit unangenehmen stellungnahmen zu den themen punks, bettlerInnen, homosexuelle oder der mitgliedschaft der türkei in der eu auf.
Gerald Kuhn