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ausgabe #51. prosa. kerstin hatzi

schnitzel für alle


Goldregen. Geldsegen. Millionenbad. Es scheppert und rasselt. Der Verstand kann es nicht begreifen, doch egal: Die Endorphine haben Freiflug. Ein neuer Geldbeutel muss her, mit mehr Raum. Viel mehr Raum. Neue Konten anlegen, um das neue Glück gut zu verwahren. Auch wir stehen jetzt auf der anderen Seite des Lebens. Es ist unlogisch, aber logisch ist so etwas nie. Nicht darüber nachdenken. Nachdenken brauchen wir jetzt gar nicht mehr. Nicht mehr nur Existieren. Das Schuften werden wir jetzt beenden. Die Rabattmarken können wir vernichten. Alle Sorgen mit den grünen Scheinen verjagen. Jetzt können wir leben!

Lebenssinfonie. Konsumrausch. Goldfluss. Nur das Nötigste, das sagen wir uns immer. Nur das, um zu leben, anstatt zu existieren. Doch wir wollen, wir sollen, wir müssen uns auch etwas gönnen. Nur eine Kleinigkeit. Das sind wir uns schuldig, das haben wir uns verdient. Wir tauchen ein. Tiefer und tiefer in das Meer aus Überfluss. Warum wir jetzt nicht, wenn die anderen früher auch? Tiefer und tiefer in die Hallen des Prunks. Wir essen nicht mehr, sondern dinieren. Die Wohnung wird aufgegeben, ist nicht mehr angemessen. Statt wohnen, lieber residieren. Tiefer und tiefer in den Besitzrausch. Wir brauchen eigentlich nicht, aber wir wollen jetzt. Und nun sind wir drinnen. Mitten in der Verschwendungsekstase!

Luxusmaschinerie. Geistesverdummung. Inhaltsleer. Wir wollen alles und haben auch dann nicht genug. Genießen ist etwas für Verlierer. Besitzen muss man. Und manchmal kommen die Zweifel. Aber nur leise und nur ein bisschen und bevor sie bedrückend groß werden, müssen wir sie töten. Einfach wegkaufen. Jetzt sind wir gefangen im Ringelspiel des Kapitalismus. Aussteigen unmöglich. Lieber mitfahren und mit der Moral wird der Fahrschein gekauft.

So wollten wir es doch. Oder? Kaviar für alle. Und doch beschleicht immer wieder das Gefühl: Schnitzel für alle. Wäre das nicht besser?


Kerstin Hatzi

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